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Harninkontinenz
Was versteht man unter Harninkontinenz?
Der Begriff Inkontinenz bezeichnet den unwillkürlichen, das heißt unkontrollierten Verlust von Urin aufgrund unterschiedlicher Erkrankungen im Bereich der Harnblase und deren Verschlussmechanismen.
Wer ist betroffen?
Inkontinenz ist ein weit verbreitetes Leiden, welches in der Bundesrepublik Deutschland etwa 6 Millionen Menschen beider Geschlechter und aller Altersstufen betrifft. Durch Beeinträchtigung der Bewegungsfreiheit und sozialen Rückzug stellt die Harninkontinenz für den Betroffenen oft eine schwere körperliche und seelische Belastung dar mit deutlicher Einbusse an Lebensqualität. Aus Schamgefühl wird das Leiden oft lange - selbst dem Arzt gegenüber - verschwiegen.
In Anbetracht der unterschiedlichen Formen und Ursachen von unwillkürlichem Urinverlust ist es für Betroffene ganz entscheidend, sich an einen erfahrenen Arzt, insbesondere einen Urologen, zu wenden. Ihm ist es möglich, durch gezielte Fragestellungen und Untersuchungen eine individuell angepasste Therapie einzuleiten. Durch eine Vielzahl unterschiedlicher Behandlungsmöglichkeiten ist Inkontinenz heutzutage in sehr vielen Fällen heil- oder zumindest deutlich verbesserbar!
Welche Formen und Ursachen von Harninkontinenz gibt es?
Man unterscheidet als Hauptformen die Belastungs- (Stress-) Inkontinenz von der Dranginkontinenz, wobei jedoch auch Mischformen vorkommen können. Den seltenen Fällen einer vollständigen Inkontinenz (permanenter Urinverlust) können die verschiedensten Ursachen zugrunde liegen.
1. Die Belastungs- (Stress-) Inkontinenz
Bei Erhöhung des Druckes in der Harnblase, beispielsweise beim Husten, Niesen, Laufen, Treppensteigen oder Aufstehen, kommt es zum Urinverlust aufgrund einer Störung im Bereich des Harnröhrenverschlussmechanismus. Ursächlich ist bei dieser Form von Inkontinenz oft eine Schwäche des Blasenschliessmuskels und der damit eng in Zusammenhang stehenden Beckenbodenmuskulatur. Der muskuläre Beckenboden kann beispielsweise durch mehrfache Geburten geschwächt werden, eine Senkung von Gebärmutter und Harnblase mit nachfolgender Schwächung des Harnröhrenverschlusses ist dann häufig die Folge. Daneben sind hormonelle Veränderungen und schliesslich Operationen oder Verletzungen im Bereich des Beckens mögliche Ursachen eines unzureichenden Harnröhrenverschlussmechanismus mit nachfolgender Belastungsinkontinenz.
Von der Stressinkontinenz sind in erster Linie Frauen betroffen , sie kann jedoch auch bei Männern nach chirurgischen Eingriffen an der Vorsteherdrüse (Prostata) auftreten. Diese Form der Inkontinenz kann in leichteren Fällen konservativ, ansonsten durch einen operativen Eingriff behoben werden.
2. Die Dranginkontinenz
Der Dranginkontinenz liegt in erster Linie eine Überaktivität des Blasenmuskels zugrunde. Die Betroffenen leiden unter plötzlich einsetzendem, nicht unterdrückbarem Harndrang, der zu ungewolltem Urinverlust führt, sowie zu häufigen Toilettengängen mit Entleerung kleiner Urinmengen. Mögliche Ursachen sind Harnwegsinfekte, Störungen der die Blase versorgenden Nerven, oder des übergeordneten Nervensystems. Selten sind Geschwülste der Blase Ursache einer Dranginkontinenz. Der Verschlussmechanismus der Harnblase ist im Gegensatz zur Stressinkontinenz bei dieser Form der Inkontinenz meist intakt. Die Dranginkontinenz ist oftmals medikamentös sehr effektiv behandelbar.
3. Gemischte Stress-/Dranginkontinenz
Bei etwa einem Viertel aller Inkontinenzleiden liegt eine gemischte Drang-/Stressinkontinenz vor.
Welche Untersuchungen werden bei Inkontinenzleiden durchgeführt?
Zu Beginn steht zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem behandelnden Arzt (Urologen), der sich durch gezielte Fragen zur Krankenvorgeschichte, vorausgehenden Operationen, Ausmass, Anlass und Begleitumstände unkontrollierter Urinverluste, wichtige Informationen für das weitere Vorgehen (Diagnosefindung) verschafft.
Anschliessend folgen körperliche Untersuchung mit besonderem Augenmerk auf die Organe des Harntrakts (Geschlechtsorgane sowie Blase), Harnanalyse und Ultraschalluntersuchung. Gegebenenfalls kommen spezielle Röntgenaufnahmen der Blase und ableitenden Harnwege, eine Blasenspiegelung (Zystoskopie) oder eine Blasendruckmessung („Urodynamik“) zum Einsatz. Diese Verfahren sind meist ambulant durchführbar, in der Regel für die Patienten wenig belastend und weitgehend schmerzfrei; sie ermöglichen dem erfahrenen Urologen die Ursache der Harninkontinenz zu diagnostizieren.
Die eingehende und sorgfältige Untersuchung ist die entscheidende Voraussetzung für eine individuelle, angemessene Therapie der Inkontinenz.
Welche Behandlungsmöglichkeiten stehen bei Inkontinenzleiden zur Verfügung?
Die Behandlung (Therapie) richtet sich ganz individuell nach der Form und dem Ausmass sowie der zugrundeliegenden Ursache der Inkontinenz. Man unterscheidet zwischen konservativen, d. h. nicht-operativen und operativen Therapieverfahren.
Konservative Therapiemöglichkeiten
- Gezielte krankengymnastische Übungen: Ziel ist eine Kräftigung des Beckenbodens und damit der Harnröhrenverschlussmechanismen (Beckenbodengymnastik) sowie Übungen für die willkürliche Kontrolle der Blase (Biofeedbacktraining)
- Gezieltes Toilettentraining, d. h. Einüben einer regelmässigen Blasenentleerung
- Medikamente mit dämpfender Wirkung auf die Harnblase (bei überaktivem Blasenmuskel)
- Einsatz von Inkontinenzhilfsmitteln wie Vorlagen oder spezielle Urinableitesysteme
Operative Therapiemöglichkeiten
Angewendet werden Korrekturoperationen bei Beckenbodenschwäche mit nachfolgender Senkung von Blase und inneren Geschlechtsorganen (Blasen-/Gebärmutter- Scheidenvorfall). Hierfür steht eine Vielzahl verschiedener Operationstechniken zur Verfügung., die entweder durch einen kleinen Unterbauchschnitt oder von der Scheide aus vorgenommen werden können. Neuerdings werden diese Eingriffe auch minimal-invasiv, d.h. mit möglichst geringer Belastung durch die Operation (kleine Schnitte, sehr kurze Krankenhaus-Verweildauer oderambulant) vorgenommen. Für die minimal-invasiven Operationsverfahren sind noch keineLangzeitergebnisse verfügbar, die bisherigen mittelfristigen Ergebnisse sind eher nicht zufriedenstellend.
In den seltenen Fällen einer vollständigen Urininkontinenz (permanenter Urinverlust) liegen oft eine Fehlbildung des Harntraktes, oder komplexe Folgezustände nach Entzündungen oder operativen Eingriffen im Beckenbereich vor. Die hier meist erforderliche operative Therapie wird bestimmt durch die zugrunde liegende Problematik und nur in extremen Ausnahmefällen werden Operationen mit dem Ziel einer Ersatz-Blasenbildung aus Darm (sogenannte kontinente Harnableitung) erforderlich. Diese Operationen werden an urologisch-operativen Zentren mit entsprechender Erfahrung auf dem Gebiet der Ersatzblasenchirurgie durchgeführt.
Fazit
Inkontinenz ist ein häufiges, für die Betroffenen meist sehr belastendes Leiden, das in unterschiedlicher Ausprägung und Erscheinungsform vorkommt und vielfach leider immer noch ein Tabuthema darstellt. Inkontinenz ist in den meisten Fällen heil- oder zumindest deutlich verbesserbar; hierfür ist jedoch eine kompetente, fachärztliche Untersuchung und Therapie unbedingte Voraussetzung. Einen kompetenten Ansprechpartner finden Betroffene in unserer Praxis.